Jesus redet Klartext


Jesus geht mit den Mächtigen hart ins Gericht. Selbstgerechtigkeit, Falschheit und Lieblosigkeit sind Eiterbeulen, die die Frohe Botschaft verdunkeln. Gedanken dazu von Bischofsvikar Jakob Bürgler finden Sie im Link.

31. Sonntag im Jahreskreis
5. November 2023
Johanneskirche

Jesus gibt ganz schön Gas. Wie die Propheten des Alten Testaments auch. Die Worte des Propheten Maleachi haben es in sich: „...ihr Priester: Wenn ihr nicht hört und nicht von Herzen darauf bedacht seid, meinen Namen in Ehren zu halten, ... dann schleudere ich meinen Fluch gegen euch. ... Darum mache ich euch verächtlich und erniedrige euch vor dem ganzen Volk" (Mal 2,2ab.9) Einen Mangel an Deutlichkeit kann man diesem Text nicht vorwerfen. Und bei Jesus: Wenn es darum geht, Selbstgerechtigkeit und Falschheit und Lieblosigkeit aufzudecken, dann kennt Jesus kein Pardon. Dann greift er auch an. Nichts mehr vom lieblichen und harmlosen Jesus.
Ja, die führenden Männer sitzen auf dem Stuhl des Mose, und deshalb haben sie auch Autorität. Aber: Was sie leben, entspricht ganz und gar nicht dem, was sie lehren. Ihr Leben gibt ein Anti-Zeugnis von dem, was sie verkünden. Lasten aufzuerlegen, statt zu entlasten. Sich zu präsentieren und in den Mittelpunkt zu stellen, statt auf Gott zu verweisen. Das stößt ab. Das verdunkelt die Botschaft.
Papst Franziskus ist auch so einer, der Klartext redet. Bei der Eröffnung der Bischofssynode Anfang Oktober hat er für eine gastfreundliche Kirche geworben, die offene Türen hat für alle, eine Kirche, die folgenden Versuchungen widersteht: „Eine starre Kirche zu sein, die sich gegen die Welt wappnet und rückwärts schaut; eine laue Kirche zu sein, die sich den Moden der Welt ergibt; eine müde Kirche zu sein, die über sich selbst gekrümmt ist."
Und während der Synode hat er gesagt, dass die Geistlichen das Gesicht der Kirche mit machistischen und diktatorischen Haltungen entstellen, wenn sie das Volk Gottes schlecht behandeln. „Klerikalismus ist eine Peitsche, eine Geißel, eine Form der Eitelkeit, die das Gesicht der Braut Christi beschmutzt und verletzt und das Volk Gottes knechtet." Und von Karriere im Bischofsamt zu sprechen, sei weltlicher Horror, Eitelkeit, die das heilige, treue Volk Gottes misshandle. Auch der Papst gibt ganz schön Gas.
Ich möchte drei Gedanken, die ich dem Evangelium entnehme, etwas vertiefen: Die Kritik. Den Reflex. Und den Dienst.
Die Kritik.
Kritik gehört wesentlich zum Lernen dazu. Wer nicht herausgefordert und manchmal auch korrigiert wird, bleibt stecken oder entwickelt sich nicht weiter. Und deshalb spricht man in der Kirche auch manchmal vom „Sakrament des Bruders oder der Schwester". In der Stimme der anderen wird etwas deutlich, was ich selber nicht wahrnehme oder wofür ich blind bin. Eine ehrliche Selbstwahrnehmung braucht diese Korrektur.
Aber: Die Kritik bewirkt nichts oder sogar das Gegenteil, wenn sie um der Kritik willen geäußert wird. Es ist wichtig, das Ziel von Rückmeldung und Korrektur im Auge zu behalten. Echter Kritik geht nicht darum, jemanden klein zu machen, ihn zu schädigen oder zu schwächen. Echte Kritik will fördern, aufbauen, wachsen lassen. Ein Wort von Max Frisch: „Man sollte dem anderen die Wahrheit wie einen Mantel hinhalten, dass er hineinschlüpfen kann, und sie ihm nicht wie einen nassen Lappen um die Ohren schlagen."
Der Reflex.
Wenn wir kritische oder kritisierende Aussagen hören, dann sind geneigt zu denken: Ja, so sind sie, die da oben! Endlich einmal einer, der das klar benennt. Der sich kein Blatt vor den Mund nimmt. So sind sie, die anderen! Spannend finde ich den Einlei-tungssatz zu dem, was als Kritik Jesu an den Mächtigen seiner Zeit überliefert ist. „Darauf wandte sich Jesus an das Volk und an seine Jünger und sagte..." (Mt 23,1) Jesu Worte sind an alle gerichtet, nicht nur an die Mächtigen, auch an seine Jünger und an das Volk. Das wird noch deutlicher, wenn Jesus später sagt: „Ihr aber sollt..." (Mt 23,8) Die Worte Jesu sind an uns gerichtet, an mich und an dich, heute.
Also: Es geht nicht um einen Reflex gegen andere, der schnell da ist, sondern um eine ehrliche Reflexion über das eigene Leben, um eine ehrliche Selbstwahrnehmung. Reflexion statt Reflex. Der Reflex ist einfacher und liegt uns näher. Die Reflexion ist oft anstrengend und fordert heraus.
Der Dienst.
Das ist die Sinnspitze der Aussagen Jesu. Es geht um einen Dienst an der Frohen Botschaft, um eine Grundhaltung des Dienens. Dienen meint dabei nicht Selbstverleugnung oder noch weniger Selbstverachtung, meint nicht, immer zu schweigen oder sich nicht zur Wehr zu setzen. Dienen meint eine Haltung der selbstbewussten Bescheidenheit.
Das Wort „Demut" im Lateinischen heißt „humilitas". Und das kommt von „humus"- Boden, Erde. Wer demütig ist, weiß um seine eigene Zerbrechlichkeit und Kleinheit, weiß darum, dass er nicht alles weiß und nicht alles kann, weiß darum, dass er selber immer wieder die Korrektur und die Veränderung und Verbesserung braucht.
In diesem Sinn gilt es, mit Selbstbewusstsein und aufrechtem Gang, mit innerer Stärke und Klarheit zu dienen und den anderen Menschen in möglichst authentischer Weise die Schönheit des Evangeliums zu zeigen, durch das eigene Leben.

Jakob Bürgler

Die Predigt gibt es auch als PDF.

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